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Flüchtlinge: Welche Rechte und Pflichten haben Menschen auf der Flucht?

  • Veröffentlicht: 25.10.2022
  • 18:45 Uhr
  • Galileo

Weltweit müssen immer wieder Menschen ihre Heimat aus Angst vor Verfolgung und Tod verlassen. Aktuell etwa fliehen Millionen vor Putins Krieg gegen die Ukraine. Was Flüchtlinge bei der Ankunft in Deutschland wissen müssen, erklären wir auf dieser Seite. Im Clip: 10 Fragen an einen Geflüchteten.

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Das Wichtigste zum Thema Flüchtlinge

  • Wer in ein fremdes Land flieht, zählt umgangssprachlich als Flüchtling. Offiziell ist der Begriff aber genauer und enger bestimmt.

  • Demnach sind Flüchtlinge eine Teilgruppe von Migrant:innen, denen aufgrund von staatlicher oder nicht-staatlicher Verfolgung ein besonderes Schutzbedürfnis zuerkannt wird.

  • Dadurch unterscheiden sie sich unter anderem von Asyl-Berechtigten, denen ein Schutzort aufgrund von politischer Verfolgung gewährt wird.

  • Der Begriff "Flüchtling" ist politisch umkämpft. Für manche Fachleute trägt er aufgrund der Endung "-ling" eine nachteilige Bedeutung. Sie bevorzugen daher den neutraleren Ausdruck "Geflüchtete". Andere hingegen betonen die weite Verbreitung des Begriffs etwa in offiziellen Bezeichnungen wie "UNO-Flüchtlingshilfe".

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Wer als Flüchtling gilt

Jeder Menschhat das "Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit". So steht es in Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (UN).

Ist die Einhaltung allgemeiner Menschenrechte in einem Land schwer bedroht, haben Menschen oft keine andere Wahl, als ihre Heimat zu verlassen.

Laut Artikel 1A der Genfer Flüchtlingskonvention gilt als ein Flüchtling im engeren Sinne, wer sich aus begründeter Angst vor staatlicher oder nicht-staatlicher Verfolgung aufgrund der "Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe" oder aufgrund der "politischen Überzeugung" außerhalb des Heimatlandes befindet.

Zu Kriegen als eine Hauptursache für weltweite Flucht und Vertreibung findet sich in der Genfer Flüchtlingskonvention keine Angabe. Laut UNHCR (United Nations High Commissioner for Refugees) - den "Hütern" der Genfer Flüchtlingskonvention - gelten aber auch Personen, die vor einem Krieg fliehen, als Flüchtlinge.

Kriegsverbrecher:innen werden niemals als Flüchtlinge anerkannt.

Grundrecht auf einen Asyl-Antrag

Gewährt ein Land Menschen auf der Flucht Asyl, bedeutet das, dass es den Verfolgten zeitlich begrenzt einen Schutzort zur Verfügung stellt.

Ob eine Schutzform zuerkannt wird, ermittelt das aufnehmende Land in einem Asyl-Verfahren. Dass dabei grundsätzlich der Asyl- und Flüchtlings-Schutz eingehalten wird, überwacht das UNHCR.

Einen Antrag auf Asyl zu stellen, zählt laut Artikel 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen zu den grundlegenden Menschenrechten.

Dementsprechend sind sogenannte Pushbacks verboten. Der Begriff bezeichnet die teils gewaltsame Zurückweisung von Menschen auf der Flucht an einer Landesgrenze, ohne dass diese zuvor einen Asyl-Antrag stellen konnten.

In welchem Land das Asyl-Verfahren durchgeführt wird, ist keine freie Entscheidung, sondern wird im sogenannten Dublin-Verfahren festgestellt. Eine Rolle dabei spielt etwa, in welchem Land der Europäischen Union (EU) die geflüchteten Menschen zuerst angekommen sind.

Für Asyl-Verfahren in Deutschland ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf der Grundlage des Asylgesetzes zuständig.

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Ablauf eines Asyl-Verfahrens in Deutschland

📑 Ein Antrag auf Asyl (auch ein Folgeantrag) ist persönlich bei einem BAMF-Standort zu stellen. Die Asyl-Suchenden bekommen dabei Unterstützung von Dolmetscher:innen.

✉ Nach der Antragstellung gelten die Menschen bis zum Abschluss des Prüfungsverfahrens als Asyl-Bewerber:innen. Sie bekommen eine Bescheinigung über eine Aufenthaltsgestattung, die in den ersten 3 Monaten auf den Bezirk der zuständigen Aufnahmeeinrichtung beschränkt ist.

🗣 Der wichtigste Termin im Asyl-Verfahren ist die vertrauliche persönliche Anhörung. Darin erläutern die Asyl-Bewerber:innen mit der Hilfe von Dolmetscher:innen wahrheitsgemäß die Gründe für ihre Schutzsuche in Deutschland. Zur Vorbereitung darauf bieten Hilfsorganisationen Beratungen an.

🤔 Die persönlichen Anhörungen werden von Entscheider:innen des BAMF durchgeführt. Diese bestimmen auf der Grundlage des Asyl-Gesetzes und des individuellen Schicksals der geflüchteten Person über das Ergebnis des Asyl-Verfahrens.

Galileo vom 2019-05-02

10 Fragen an eine BAMF-Mitarbeiterin

Eine BAMF-Mitarbeiterin kann darüber entscheiden, wer Asyl bekommt und wer nicht. Wir stellen ihr zehn unangenehme Fragen zu ihrem Beruf.

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Fünf mögliche Ausgänge eines Asyl-Verfahrens

🙏 Insgesamt sind fünf Ausgänge eines Asyl-Verfahrens möglich: Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes, Anerkennung der Asyl-Berechtigung, Zuerkennung des subsidiären Schutzes, Feststellung eines nationalen Abschiebungs-Verbots oder Ausreisepflicht.

1️⃣ Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes: Die Entscheider:innen stellen fest, dass es sich bei der Person, die Asyl beantragt hat, um einen Flüchtling im oben erläuterten Sinne handelt. Die geflüchtete Person erhält eine Aufenthalts-Erlaubnis für drei Jahre. Sie darf den Ehepartner oder die Ehepartnerin und Kinder nachholen und in der Zeit in Deutschland arbeiten. Nach drei oder fünf Jahren und einer erneuten Prüfung unter anderem der Lebensumstände und Deutschkenntnisse ist eine Niederlassungs-Erlaubnis möglich.

2️⃣ Anerkennung der Asyl-Berechtigung: Die Entscheider:innen stellen fest, dass die Person, die Asyl beantragt hat, staatlich politisch verfolgt wird. Deshalb bekommt sie ebenfalls eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Auch darf die Person den Ehepartner oder die Ehepartnerin und Kinder nachholen und in der Zeit in Deutschland arbeiten. Nach drei oder fünf Jahren und einer erneuten Prüfung unter anderem der Lebensumstände und Sprachkenntnisse ist ebenso eine Niederlassungs-Erlaubnis möglich.

3️⃣ Zuerkennung des subsidiären Schutzes: Die Entscheider:innen stellen fest, dass dem Menschen, der Asyl beantragt hat, im Herkunftsland ein schwerwiegender Schaden wie eine Todesstrafe droht. Daher bekommt die Person eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr, wobei eine Verlängerung um zwei weitere Jahre möglich ist. Sie darf zwar arbeiten, aber keine Familie nachholen. Nach fünf Jahren und wiederum einer Überprüfung der Lebensverhältnisse kann eine Niederlassungs-Erlaubnis erfolgen.

4️⃣ Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots: Die Entscheider:innen stellen fest, dass dem Menschen, der Asyl beantragt hat, in einem bestimmten Land Menschenrechtsverletzungen drohen. Daher wird die Abschiebung in das betreffende Land verboten. Stattdessen darf sich die Person für ein Jahr in Deutschland aufhalten, wobei mehrmalige Verlängerungen möglich sind. Eine Beschäftigung ist bei Genehmigung durch die zuständige Ausländerbehörde erlaubt. Nach fünf Jahren und einer erneuten Prüfung ist ebenfalls eine Niederlassungs-Erlaubnis möglich.

5️⃣ Ausreisepflicht: Die Entscheider:innen stellen keine der vier Schutzformen fest und lehnen den Asyl-Antrag daher ab. Die Person, die um Asyl gebeten hat, muss Deutschland innerhalb einer festgelegten Frist verlassen. Zunächst besteht jedoch die Möglichkeit einer Klage gegen die Ablehnung des Antrags.

Pflichten für Flüchtlinge

⚖ Grundsätzlich gilt: Geflüchtete müssen laut Artikel 2 der Genfer Flüchtlingskonvention stets die Gesetze und sonstige Rechtsvorschriften des aufnehmenden Landes befolgen.

🙌 Um den Status als Flüchtling (oder eine andere Schutzform) zuerkannt zu bekommen, hat die geflüchtete Person die Beweispflicht. Sie muss also wahrheitsgetreu und glaubhaft darlegen, dass sie tatsächlich verfolgt wird.

🤝 Auch wenn manche Fachleute diese Bürde kritisch sehen, sind daher stets wahre Angaben und eine aktive Mitwirkung am Asyl-Verfahren wichtig. Ansonsten gefährden Asyl-Bewerber:innen einen positiven Ausgang des Prozesses.

🤓 Weiterführend gesellschaftlich wichtig ist zudem die Bereitschaft zur Integration. Dazu zählen die Teilnahme am öffentlichen Leben sowie die Landessprache zu erlernen.

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Was für Flüchtlinge aus der Ukraine gilt

🇺🇦 Infolge von Putins Krieg gegen die Ukraine müssen Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer ihre Heimat verlassen. Die meisten von ihnen fliehen bislang in das Nachbarland Polen, viele kommen auch nach Deutschland.

🇺🇦 Zu uns können Menschen auf der Flucht rückwirkend seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine am 24. Februar ohne Visum einreisen. Sie erhalten vorerst bis zum 23. Mai 2022 vorübergehenden Schutz.

🇺🇦 Flüchtlinge aus der Ukraine müssen zunächst kein langwieriges Asyl-Verfahren durchlaufen. Wer mittelfristig in Deutschland bleiben möchte, muss jedoch einen Antrag zur Erteilung eines Aufenthaltstitels bei der zuständigen Ausländerbehörde stellen.

🇺🇦 Nach der Registrierung erhalten Geflüchtete eine Bescheinigung, mit der sie grundsätzlich zu Leistungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts und zur medizinischen Versorgung berechtigt sind. Hilfe bei der Suche nach einer Unterkunft bieten Ausländerbehörden, Aufnahmestellen der Bundesländer und zentrale Anlaufstellen der Städte.

🇺🇦 Erwachsene Geflüchtete bekommen Zugang zu Bildungsangeboten wie Sprachkursen und Minderjährige zum Schulsystem. Geflüchtete, die arbeiten möchten, brauchen dazu eine Genehmigung der Ausländerbehörde.

🇺🇦 Davon unberührt bleibt das Recht, später einen Asyl-Antrag zu stellen. Wer dies tut, muss nicht - wie normalerweise üblich - in eine allgemeine Aufnahmeeinrichtung umziehen.

Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine

🚩 Erfahre mehr darüber, wie du Betroffenen helfen kannst.

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