Newcomer aus der Natur: Eine Muppets-Orchidee und ein tarnfreudiger Moosfrosch
- Veröffentlicht: 23.05.2023
- 20:00 Uhr
- Heike Predikant
Immer wieder stoßen Forscher:innen auf neue - teils skurrile - Tier- und Pflanzenarten wie Muppets-Orchideen, einen tarnfreudigen Moosfrosch oder Schildkröten mit Rüssel. Welche Tiere noch gefunden wurden - und warum die Mekong-Region als Wundertüte für Neuentdeckungen gilt.
Das Wichtigste zum Thema neu entdeckte Tierarten
Die Artenvielfalt, auch Arten-Diversität genannt, bezeichnet die Anzahl der biologischen Arten innerhalb eines bestimmten Lebensraums (wie Wald, Gewässer, Wüste) oder eines geopraphisch begrenzten Gebiets.
Knapp 1,8 Millionen Tier-, Pflanzen- und Pilzarten sind laut des Bundesamts für Naturschutz bisher bekannt. Mehr als die Hälfte davon sind Insekten.
Schätzungen zur globalen Artenvielfalt gehen davon aus, dass bis zu 13 Millionen Arten noch auf ihre Entdeckung warten.
Die Wissenschaftler:innen vermuten, dass 86 Prozent aller an Land und 91 Prozent aller in den Ozeanen lebenden Arten noch unbekannt sind.
Jedes Jahr werden zwischen 15.000 und 18.000 neue Pflanzen- und Tierarten entdeckt - oft bei Forschungsexpeditionen. Manchmal helfen Drohnen oder Tauchroboter beim Aufspüren.
380 neue Tier- und Pflanzenarten am Mekong entdeckt
Ein Frosch mit Moos-Haut, eine Orchidee, die an die Muppets erinnert und eine vielleicht bereits ausgestorbene Mausohr-Fledermaus: Das sind nur ein paar der insgesamt 380 Arten, die Forschende in den vergangenen zwei Jahren in der Mekong-Region entdeckt haben.
Insgesamt 290 Pflanzen, 19 Fische, 46 Reptilien, 24 Amphibien und ein Säugetier haben die Wissenschaftler:innen in den tropischen Wäldern vor Ort aufgespürt und erstmals dokumentiert.
Mekong-Region: Eine Wundertüte der Artenvielfalt
Die kaum erforschte Mekong-Region zwischen Kambodscha, Laos, Myanmar, Thailand und Vietnam ist ein Eldorado: Das feucht-warme Tropengebiet ist ein regelrechter Hotspot für Neuentdeckungen. Im Dickicht des Dschungels stoßen Biolog:innen mitunter wöchentlich auf nie gesehene Tiere. In den vergangenen 25 Jahren wurden in der Region "Greater Mekong" knapp 3.400 neue Arten entdeckt.
Gleichzeitig machen Forschende mit den neusten Entdeckungen in der Mekong-Region in einem Bericht der Umweltschutzorganisation WWF darauf aufmerksam, dass es insgesamt nicht gut steht um die weltweite Artenvielfalt. Expert:innen gehen davon aus, dass jede achte Art im Laufe der nächsten Jahrzehnte verloren gehen wird. "In der Mekong-Region gibt es vermutlich noch unzählige Arten, die die Wissenschaft nicht kennt. Es könnten Tier- und Pflanzenarten für immer ausgelöscht werden, bevor wir überhaupt von deren Existenz erfahren", erklärte der Biologe Dr. Stefan Ziegler. Der WWF forderte deshalb mehr Engagement zum Schutz der Biodiversität.
Da guckst du! Neu entdeckte Tier- und Pflanzenarten
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Neue Tier- und Pflanzenarten in Deutschland
🦊 Auf Grund der geografischen Lage hat Deutschland im internationalen Vergleich eher weniger Artenvielfalt zu bieten. Knapp 48.000 Tierarten zählen Expert:innen als heimisch.
🐟 Trotzdem gibt es auch in Deutschland noch zahlreiche unbekannte Arten. Bei Wirbeltieren gibt es allerdings keine großen Überraschungen mehr. In den letzten 20 Jahren wurden in Deutschland gerade einmal fünf neue Fischarten entdeckt.
🕷 Wissenschaftler:innen richten ihren Blick deshalb vor allem Richtung Boden. 2022 schätzten Forschende in einer Studie, dass hierzulande noch etwa 2.000 Insektenarten unentdeckt sind.
🐝 Erst zum Jahresbeginn entdeckte eine Doktorandin aus Stuttgart eine neue Wespenart: Aphanogmus kretschmanni. Mit dem lustigen lateinischen Tiernamen wurde der amtierende Ministerpräsident Baden-Württembergs geehrt - Winfried Kretschmann.
Wie entstehen neue Tierarten?
Am häufigsten bildet sich eine neue Art, wenn ein Teil der Population räumlich vom Rest getrennt wird - etwa durch Wüstenbildung, Waldrodung oder Überflutung.
Die Tiere leben nun in verschiedenen Gebieten, können sich nicht mehr paaren und ihre Gene austauschen. Aufgrund von unterschiedlichen Umweltbedingungen, Selektionsfaktoren und Mutationen entwickeln sie sich unabhängig voneinander weiter, so dass sie zu einer neuen Art werden.
Und auch im selben Lebensraum ist Artbildung möglich. Verändert sich durch eine Genmutation beispielsweise eine phänotypische Eigenschaft wie die Färbung eines Tiers, wirkt sich das auf die Fortpflanzung aus: Oft wird dann bevorzugt ein ähnlich aussehender Partner gewählt. So kann aus einer Ursprungs-Art eine neue hervorgehen.
Lazarus-Effekt: Wenn ausgestorben geglaubte Tiere plötzlich wieder auftauchen
Es war eine Sensation: 2018 tappte ein Vietnamesischer Maushirsch in eine Kamera-Falle nahe der vietnamesischen Küstenstadt Nha Trang. Die kleinen Huftiere galten seit 28 Jahren als ausgestorben - die letzten bekannten Exemplare seien 1990 von einem Jäger erschossen worden. Die Forscher:innen, die den Maushirsch blitzten, waren Hinweisen aus der Bevölkerung nachgegangen.
Dass Tierarten von der Erde verschwinden und plötzlich wieder auftauchen, kommt häufiger vor. Man nennt das Lazarus-Effekt. Der Begriff geht auf die biblische Geschichte von der Auferweckung des gestorbenen Lazarus durch Jesus Christus zurück.
Bis 2011 wurden laut einer Studie der Universität von Singapur 351 "totgesagte" Tierarten wiederentdeckt. Die Gründe: Manche der Tierbestände erholen sich nach einem Beinahe-Aussterben, andere ziehen sich aufgrund von Bedrohung in abgelegene Gebiete zurück.
Ein Beispiel: "Auferstanden" ist auch die Chelonoidis phantasticus, eine Unterart der Galápagos-Riesenschildkröte. Nach über 100 Jahren tummelte sich 2019 erstmals wieder ein erwachsenes Weibchen auf der Insel Fernandina.
Das wohl verblüffendste Comeback hatte der Quastenflosser, der sich vor 70 Millionen Jahren verabschiedete. Ihn kannte man nur als Fossil - bis der stahlblaue Knochenfisch 1938 südafrikanischen Fischern ins Netz ging.