Autofreie Innenstädte: Was dafür und was dagegen spricht
- Veröffentlicht: 11.11.2022
- 19:45 Uhr
- Carina Neumann-Mahlkau
Fast 80 Prozent der Haushalte in Deutschland besitzen mindestens ein Auto. Das Verhältnis von PKW zu Einwohner:innen nimmt sogar noch weiter zu. Stau, Verkehrslärm und Abgaswolken sind Folgen. Was daher für und gegen autofreie Innenstädte spricht, klären wir auf dieser Seite.
Das Wichtigste zum Thema Autofreie Innenstädte
Die Anzahl von Autos im Verhältnis zur Anzahl der Einwohner:innen nimmt in Deutschland seit Jahren zu: Im Jahr 2021 kamen in Deutschland auf 1.000 Menschen 580 Personenkraftwagen (PKW). Im Jahr 2011 lag die PKW-Dichte noch bei 517.
Während auf dem Land viele Menschen wegen des ausbaufähigen Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) aufs Auto angewiesen sind, wird die Blech-Flut in den Städten zunehmend zum Problem.
Deshalb fordern Initiativen Lösungen für den Lärm, Stau, die Abgase und Verkehrsunfälle.
In Berlin etwa setzt sich die Initiative "Berlin autofrei" für eine Entlastung ein. Mit einem Volksentscheid fordern sie eine Reduzierung des Auto-Verkehrs. Auch in anderen Großstädte wehren sich Menschen gegen das Verkehrschaos.
Was ist deine Meinung zu autofreien Innenstädten?
Autofreie Innenstädte - Argumente dafür
👍 Es gibt zu viele Autos - und die sorgen für Luftverschmutzung, Lärm, Staus und Unfälle.
👍 Eine Stadt mit weniger Autos bringt mehr Lebensqualität, ist umweltfreundlicher und der gewonnene Platz kann für andere Aktivitäten genutzt werden.
👍 Ein gutes Nahverkehrsnetz, der Ausbau der Radwege und Parkmöglichkeiten am Stadtrand bieten Alternativen zum Auto-Verkehr.
Autofreie Innenstädte - Argumente dagegen
👎 Autos aus dem Zentrum zu verbannen, ist ein zu großer Eingriff ins Leben der Bürger:innen.
👎 Probleme tauchen an anderer Stelle auf: Wie kommen die Menschen zur Arbeit, wo sollen alle parken?
👎 Das öffentliche Verkehrsnetz ist gar nicht auf so viele Menschen ausgelegt - und wenn es regnet oder schneit, bleibt das Fahrrad in der Garage.
Andere Städte machen's vor: autofreie City-Projekte weltweit
Autofreie Innenstädte: Was dafür und was dagegen spricht
Historischer Einblick: Wie schnell sich Autos in Deutschland durchsetzten
🚗 Krasser Anstieg: 1906 gab es rund 10.000 Autos in Deutschland. 1930 waren es bereits 279.000 PKW. Im Jahr 1950 fuhren rund 518.000 Autos über deutsche Straßen, 1960 bereits 4,5 Millionen.
🚗 Heute sind es über 48 Millionen PKW. Also mehr als 4.800-mal so viele Autos wie noch vor 116 Jahren.
🚗 Allein in Berlin gibt es über 1,2 Millionen PKW. Würde man diese aneinanderreihen, ergäbe sich bei einer durchschnittlichen Auto-Länge von 4,40 Metern eine Auto-Kette in einer Länge, die fast von Berlin nach Katar reicht.
Wie ungesund die Belastung durch Autos ist
Eine 2019 im Fachblatt "European Heart Journal" veröffentlichte Studie des Max-Planck-Instituts für Chemie liefert schockierende Ergebnisse.
Laut der Untersuchung führen Luftschadstoffe sogar zu mehr vorzeitigen Todesfällen (Belastung des Herz-Kreislauf-Systems und der Lunge) als Rauchen. Direkter Vergleich: Luftverschmutzung fordert demnach weltweit rund 8,8 Millionen Todesfälle im Jahr, Rauchen "nur" 7,2 Millionen (Passivrauchen mit eingerechnet).
Im Schnitt verkürzt Luftverschmutzung in Europa unser Leben etwa um zwei Jahre!
Autofreie Innenstädte: Was Städte in Deutschland planen
🚘 In Bielefeld war die Altstadt in einem Pilotprojekt für neun Monate von Autos befreit. Bis zum Jahr 2030 möchte die Stadt in Nordrhein-Westfalen den Auto-Verkehr halbieren.
🚘 In Leipzig gibt's noch zögerlichere Vorhaben: In der sächsischen Stadt ist hinter dem Hauptbahnhof ein auto-armes Wohngebiet geplant.
🚘 In München sollen Autos im Bereich zwischen Marienplatz und Isartor bestenfalls ab 2023 verbannt werden, um die Fußgängerzone zu erweitern.