Vogelplage
Anti-Baby-Pille für Tauben: Sollen so die Vögel aus der Stadt verbannt werden?
- Aktualisiert: 15.03.2024
- 16:59 Uhr
- Jessica Steffens
Eine Pille für Tauben? In Österreich, Spanien und Italien wurde sie bereits eingesetzt. Das Mittel Ovistop soll unkontrolliertes Populations-Wachstum der Stadt-Tauben eindämmen. Wie das Verhütungsmittel wirkt und warum Tierschützer:innen Alarm schlagen.
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Das Wichtigste in Kürze
Insbesondere in Großstädten gelten Tauben als Plage. Verschmutzung und Infektionsgefahr steigen durch das Populations-Wachstum der Tiere dramatisch an.
Verschiedene Tauben-Abwehrmethoden wie Fütterungsverbote und Tauben-Spikes sind weit verbreitet. Sie bieten jedoch keinen langfristigen Schutz und bedeuten gleichzeitig Leid für die Tiere.
Ein medizinisches Präparat soll nun Abhilfe schaffen. Was es mit der Pille für die Taube auf sich hat und warum sie umstritten ist.
Taubenplage: Warum haben wir so viele Tauben?
Die unkontrollierte Vermehrung der Stadttaube hat sich in vielen Großstädten zur echten Plage entwickelt. Aber warum sind eigentlich so viele in den Städten zu finden?
Stadttauben stammen von verwilderten Haus- und Brieftauben ab, die einst aus der am Mittelmeer heimischen Felsentaube gezüchtet wurden. Es handelt sich folglich um domestizierte Tiere, sogenannte Haustiere, die nur durch den Menschen in diese Umgebung gekommen sind. In der Großstadt sind die Tauben auf die Versorgung und Fürsorge durch den Menschen angewiesen - ähnlich wie Straßenhunde.
Auch wenn Tauben in bestimmten Situationen als Schädlinge eingestuft werden, dürfen sie nicht getötet werden.
Umstrittene Taubenpille: So wirkt das Medikament
Eine weitere äußerst umstrittene Methode zur Abwehr von Tauben ist der Einsatz des medizinischen Präparats Ovistop.
Bei der sogenannten Taubenpille handelt es sich um ein Maiskorn, das mit einem empfängnisverhütenden Bestandteil beschichtet ist. Nicarbazin ist ein Arzneimittel, das in der Geflügelhaltung als Präventionsmittel gegen Darmparasiten, sogenannten Kokzidien, verwendet wird.
Der Wirkstoff hat die Nebenwirkung, dass bei weiblichen Tieren eine temporäre Unfruchtbarkeit eintritt. Dieser Effekt lässt nach vier bis sechs Tagen nach der letzten Verabreichung nach. Danach kann das Tier sich wieder fortpflanzen.
In Österreich wurden Tests mit der Verfütterung der Taubenpille zur Populations-Minderung bereits in den 90er-Jahren gestartet und wieder gestoppt. Weitere Versuche in Spanien und Italien haben zwar eine Reduzierung der Stadttauben-Schwärme bewirkt, dennoch ist der Einsatz des Verhütungsmittels für Tauben äußerst umstritten.
Tierschützer:innen halten die Wirkung von Nicarbazin für alles andere als unbedenklich für Mensch, Tier und Umwelt. Die Studienlage ist ihnen einfach zu unklar. Bisher wurde das Präparat nämlich ausschließlich in der Geflügelzucht mit Masthähnchen getestet. Deren durchschnittliche Lebensspanne umfasst gerade einmal 28-42 Tage. Es gibt also keine Langzeitstudien über etwaige Nebenwirkungen.
Gleichzeitig kann niemand kontrollieren, wie viel die Tauben tatsächlich von dem Medikament aufnehmen. So könnten dominantere Tiere, die sich bei der Futtersuche eher durchsetzen, eine Überdosierung bekommen. Wiederum andere könnten gar nichts von dem Präparat abbekommen und die Wirkung wäre hinfällig.
Unklar ist zudem die Gefahr für andere Vogelarten, die sich in freier Wildbahn unter die Taubenschwärme mischen können.
Deshalb sind zu viele Tauben ein Problem
Durch den Brutzwang der Stadttaube brüten die Tiere auch dann, wenn eigentlich gar nicht ausreichend Futter oder Lebensraum zur Verfügung steht. Eine typische Folge daraus: starke Verschmutzungen durch Taubenkot.
Der Taubenkot enthält eine Vielzahl an Erregern, diese können beim Menschen schwere Infektionen hervorrufen. Darüber hinaus besitzt Taubenkot einen alkalischen pH-Wert und hat deshalb eine ätzende Wirkung. Langzeitschäden an beschmutzten Gebäuden und Objekten sind die Folge.
Auch die Tiere selbst leiden an der hohen Population in der Großstadt. Dort gibt es kaum eine Möglichkeit für sie, an artgerechte Nahrung (Kerne und Samen) zu gelangen.
Reste von Fastfood oder Brotkrümel verschlechtern die Gesundheit der Tauben: Es schwächt ihr Immunsystem und lässt sie schneller erkranken. Dadurch wird die Gefahr von Infektionsverbreitungen für Menschen und andere Tierarten wiederum größer.
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Tauben-Abwehr: Fütterungsverbot, Taubenspikes und mehr
Da die Tauben ihr, vom Menschen antrainiertes Verhalten nicht ändern können, werden in vielen Großstädten verschiedenste Methoden zu Taubenabwehr angewendet.
Um die Tiere zum Beispiel davon abzuhalten, öffentliche Plätze wie Bahnhöfe zu verdrecken, werden vielerorts sogenannte Taubenspikes installiert. Es handelt sich dabei um Plastik- oder Metallleisten mit langen Stacheln. Diese hindern Vögel daran, sich unter anderem auf Schilder oder Dachrinnen hinzusetzen. Diese bergen Verletzungsgefahren, insbesondere für unerfahrene Jungtiere.
Um die Tiere nicht auf öffentliche Plätze zu locken und um die Verschmutzung dergleichen zu reduzieren, gilt in den meisten Städten ein Fütterungsverbot für Enten und Tauben. Mancherorts ist sogar mit einem Bußgeld zu rechnen. So kann das Füttern im öffentlichen Raum in München mit 1.000 Euro und in Hamburg mit bis zu 5.000 Euro Strafe teuer werden.
Da die Tiere unfähig sind an artgerechte Nahrung zu gelangen, drängt das Fütterungsverbot die Tiere in den Hungertod. Vermeintliche Hilfe von Menschen, die Tauben mit Brotkrümeln oder Essensreste füttern, sorgt für zusätzliche gesundheitliche Probleme.
Auch wenn Tauben - in bestimmten Situationen - als Schädlinge eingestuft werden, dürfen sie nicht getötet werden.