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Handy-Kontrollen und manipulierte Umfragen

Keine Gegenkandidaten, Druck auf Wähler: So läuft die Wahl in Russland

  • Veröffentlicht: 12.03.2024
  • 16:17 Uhr
  • Lena Glöckner
Eine Plakatwand in St. Petersburg, die für die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen wirbt - darauf die Aufschrift "Russland Putin 2024".
Eine Plakatwand in St. Petersburg, die für die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen wirbt - darauf die Aufschrift "Russland Putin 2024".© Dmitri Lovetsky/AP/dpa

Am Sonntag will sich Kremlchef Putin als Präsident bestätigen lassen. Das soll überzeugend aussehen. Deshalb wird für eine hohe Wahlbeteiligung gesorgt - auch mithilfe einer Handy-Kontrolle. Wie die Scheinwahl ablaufen wird.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Bis Sonntag wird in Russland gewählt, doch der Sieger steht schon fest.

  • Interessant ist dennoch die Frage, wie hoch das Ergebnis ist, das sich Putin zusprechen lässt.

  • Trotz des Drucks auf Wähler:innen gibt es Bestrebungen der Opposition, Widerstand auszudrücken.

Dass Russlands Präsident Wladimir Putin am Sonntag (17. März) für erneute sechs Jahre im Amt bestätigt wird, gilt als ausgemacht. Der Rahmen ist so gesteckt, dass nur ein Wahlsieg herauskommen kann. Ernsthafte Gegenkandidat:innen gibt es nicht. Die russischen Behörden setzen alles daran, die Wahl als überzeugende Volksabstimmung darzustellen. Die Präsidentschaftswahl dürfte Putins mehr als 24 Jahre währende Herrschaft also weiter festigen.

So haben kremlnahe Meinungsforscher die Russen bereits jetzt auf einen hohen Wahlsieg von Amtsinhaber Putin eingestimmt. Putin könne nach einer Befragung von Wahlberechtigten mit 82 Prozent der Stimmen rechnen, teilte das Meinungsforschungsinstitut Wziom mit. Die staatsnahen Meinungsumfragen gelten vor allem als wichtiges Instrument für den Machtapparat, um die Wirksamkeit der Kremlpropaganda etwa in den Staatsmedien zu messen.

Im Video: :newstime-Reporter vor Ort - So sieht es in einem Wahllokal in Moskau aus

Putins fünfte Amtszeit: So sieht es in einem Wahllokal in Moskau aus

Das vom Kreml gesteuerte Staatsfernsehen, das besonders von vielen älteren Russ:innen auf dem Land genutzt wird, hat nach Meinung von Beobachtern starken Einfluss auf das Denken der Menschen. Putin wird dort traditionell als alternativlos dargestellt.

Steht wirklich nur Putin auf dem Zettel?

Dass ein Konkurrent Putin ablöst, ist nach Wahlausschluss, Exil, Inhaftierung oder Tod politischer Gegner ebenso wenig in Sicht wie eine Amtsübergabe an einen Vertrauten wie Dmitri Medwedew. Ihm hatte Putin von 2008 bis 2012 das Präsidentenamt überlassen, um vorübergehend als Ministerpräsident zu regieren. Putin selbst war am Silvestertag 1999 von seinem Vorgänger Boris Jelzin eingesetzt worden. Die verfassungsmäßige Amtszeitbegrenzung hebelte er aus, indem er die Zählung vom Parlament auf null zurücksetzen ließ. Bereits jetzt regiert Putin so lange wie kein anderer Politiker seit Josef Stalin. Der sowjetische Diktator starb 1953 nach 29-jähriger Herrschaft.

Den Oppositionspolitiker und Kriegsgegner Boris Nadeschdin schlossen die Behörden wegen angeblich fehlerhafter Unterlagen von der Wahl aus. Nadeschdins Förderer, der liberale Putin-Gegner Boris Nemzow, war 2015 in Sichtweite des Kreml ermordet worden. Alexej Nawalny, der nach seinem Kampf gegen Korruption 2020 einem Giftanschlag entging, starb im Februar in sibirischer Lagerhaft. Der Söldnerführer Jewgeni Prigoschin, dessen Aufstand im Juni Umsturzerwartungen geschürt hatte, kam im August mit mehreren Gefolgsleuten bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Der Nationalist und frühere Milizenführer Igor Girkin alias Strelkow sitzt im Gefängnis. Die drei Mitbewerber, die Putin entweder offen unterstützen oder klar auf Kremllinie sind, gelten mit zwischen jeweils fünf oder sechs Prozent der Stimmen als chancenlos. 

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Was können Kremlgegner tun?

Wie viel Rückhalt die echte Opposition in der Bevölkerung hat, könnte sich am dritten Wahltag zeigen. Nawalnys ins Ausland geflohene Witwe Julia Nawalnaja hat die Bevölkerung aufgerufen, sonntagmittags wählen zu gehen. "Polden protiw Putina" lautet der griffige Slogan - "Mittag gegen Putin". Die erhofften Warteschlangen sollen ein Protestzeichen sein, das Behörden keine Angriffsmöglichkeit bietet. Tatsächlich ist die Nichtteilnahme für Wähler:innen eine der wenigen Möglichkeiten, sich dem System zu entziehen und Unzufriedenheit auszudrücken.

Nach Berichten des exilrussischen Internetportals "Meduza" werden Mitglieder von Geeintes Russland - der Partei Putins - angehalten, mindestens zehn andere Menschen zur Wahl zu bringen. Angestellte von Staatsunternehmen sollen drei Menschen mitbringen.

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Druck auf Wähler durch GPS-Apps

Vor allem auf Wähler:innen, die vom Staat abhängig sind, steigt laut der unabhängigen russischen Wahlbeobachterorganisation Golos der Druck. Durch sie soll die Wahlbeteiligung hochgetrieben werden, schrieb die Organisation auf ihrem Telegram-Kanal. Dies betreffe Mitarbeiter:innen von Behörden und anderen staatlichen Einrichtungen, die Belegschaft staatlicher Unternehmen oder großer kremlnaher Firmen.

Als einen Beleg nannte Golos ein System zur elektronischen Kontrolle der Stimmabgabe, das angeblich von der Kremlpartei Geeintes Russland in ihren Gliederungen verbreitet werde. Dabei erhielten Wähler:innen auf ihr Handy eine SMS mit einem Link, um die Wahlteilnahme zu bestätigen. Dieser Link funktioniere aber nur, wenn die Standortbestimmung des Telefons eingeschaltet sei und das Gerät direkt im Wahllokal genutzt werde. Die Wahlbeobachter stuften diese Art der Datensammlung als Verletzung des Wahlgeheimnisses ein. Die russische Justiz übt seit langem Druck auf Golos aus, um die Arbeit der Wahlbeobachter zu behindern.

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:newstime

Hohes Ergebnis als Zeichen des Selbstbewusstseins

Sollte Putin bei mehr als 80 Prozent der Stimmen landen, wäre das sein höchstes Ergebnis bei einer Präsidentenwahl. Das dürfte auch als Ausdruck eines hohen Selbstbewusstseins des Machtapparats gelten. 2018 kam er auf 76,7 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 67,5 Prozent. Die Zahl der Wahlberechtigten in Russland wird von der Wahlkommission mit 112 Millionen angegeben. Hinzu kommen fast zwei Millionen Russen im Ausland. Erwartet wird eine Wahlbeteiligung von 71 Prozent.

Der 71-Jährige betrachtet es als sein Lebenswerk, die Atommacht nach dem Ende der Sowjetunion zu alter Stärke zurückzuführen und den globalen Einfluss der USA zurückzudrängen. Putin, der seit mehr als zwei Jahren einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, bewirbt die Wahl als Abstimmung über "Russlands Zukunft". Den Krieg gegen die Ukraine stellt er vor allem auch als einen Kampf gegen westliches Vormachtstreben dar, was bei vielen Menschen in Russland verfängt.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Nachrichtenagentur Reuters
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