Bedrohter Schweinswal: Die letzten zehn seiner Art
- Veröffentlicht: 09.08.2023
- 18:45 Uhr
- Galileo
Auch in der Nord- und Ostsee sind Wale heimisch: Gewöhnliche Schweinswale. Doch sie sind vom Aussterben bedroht. Erfahre mehr über die Tiere und wie man sie von Delfinen unterscheidet. Im Clip: Schweinswale im Training.
Das Wichtigste über Schweinswale
Weltweit gibt es sieben verschiedene Arten von Schweinswalen. Verglichen mit anderen Walen sind sie deutlich kleiner und leichter.
Einer von ihnen ist der Gewöhnliche Schweinswal. Er lebt auch in Nord- und Ostsee.
Hier ist er allerdings stark gefährdet. In der Ostsee gibt es vermutlich nur noch 300 bis 500 Tiere. Sie können mit etwas Glück im Sommer beobachtet werden.
Um auf seine Bedrohung aufmerksam zu machen, hat die Deutsche Wildtier Stiftung den Gewöhnlichen Schweinswal zum Tier des Jahres 2022 gekürt.
Der kleinste unter den Schweinswalen ist übrigens der Vaquita. Er ist gerade einmal 1,5 Meter lang. Der Vaquita lebt ausschließlich im Golf von Kalifornien und wird daher auch Kalifornischer Schweinswal genannt.
Laut WWF gibt es nur noch zehn Exemplare des Kalifornischen Schweinswals. Er ist akut vom Aussterben bedroht und kann nur durch eine konsequente und schnelle Umsetzung des Verbots von Stellnetzen im natürlichen Lebensraum gerettet werden.
Schweinswale sind mit Delfinen verwandt und werden daher manchmal verwechselt. Wie du sie unterscheidest, erfährst du unten.
Die 7 Schweinswal-Arten
🐳 Brillen-Schweinswal
🐳 Burmeister-Schweinswal
🐳 Gewöhnlicher Schweinswal
🐳 Glatt-Schweinswal (auch Indischer Schweinswal oder Finnenloser Schweinswal genannt)
🐳 Kalifornischer Schweinswal (auch Vaquita oder Golftümmler genannt)
🐳 Östlicher Glatt-Schweinswal
🐳 Weißflanken-Schweinswal (auch Dall-Hafenschweinswal genannt)
Steckbrief und Verbreitung des Schweinswals
Bedrohter Schweinswal: Die letzten zehn seiner Art
Der Gewöhnliche Schweinswal im Steckbrief
Name: Gewöhnlicher Schweinswal
Wissenschaftliche Bezeichnung: Phocoenidae phocoena
Familie: Schweinswale
Überfamilie: Delfinartige
Ordnung: Wale
Verbreitung: Nordatlantik (mit Nord- und Ostsee), Schwarzes Meer, Nordpazifik
Farbe: Bauch weiß bis cremefarben, Rücken dunkelgrau oder schwarzbraun
Alter: bis zu 20 Jahre, Ø 5 - 10 Jahre
Nahrung: Fische, Würmer, Krebse - z.B. Frangschreckenkrebse, Schnecken
Feinde: Haie, Schwertwale (nicht in Nord- und Ostsee), Menschen
Gewicht: 40 - 90 Kilo
Größe: 1,60 - 2 Meter lang
Aussehen und Körper des Gewöhnlichen Schweinswals
🐋 Der Gewöhnliche Schweinswal hat einen gedrungenen Körper mit einem rundlichen Kopf und besitzt nur eine angedeutete Schnauze.
🐋 Mit unter 2 Metern Länge gehört er zu den kleinsten Wal-Arten. Weibchen werden größer und schwerer als Männchen.
🐋 Am Ober- und Unterkiefer besitzt er kleine, kräftige Zähne, mit denen er auch Krebse verspeisen kann.
🐋 Um sich im Wasser schnell fortzubewegen, nutzt der gute Schwimmer seine kräftige, etwa 50 Zentimeter breite Schwanzflosse.
🐋 Seine Flipper, die Brustflossen, sind oval und laufen spitz zu. Seine Finne, die kleine Rückenflosse, ist dreieckig und befindet sich mittig auf dem Rücken. Glatt-Schweinswale haben übrigens keine Rückenflosse.
🐋 Der Bauch ist weiß bis cremefarben, der Rücken ist dunkelgrau oder schwarzbraun gefärbt.
🐋 Die Haut des Schweinswals ist ganz glatt, dicht und natürlich wasserabweisend.
🐋 Über den Blutkreislauf reguliert er seine Körpertemperatur. In sehr kalten Meeren schützt ihn eine bis zu sechs Zentimeter dicke Fettschicht unter der Haut vorm Erfrieren.
🐋 Über ein Blasloch an der Oberseite des Kopfes nimmt der Schweinswal beim Auftauchen Sauerstoff in seine großen Lungen auf.
🐋 Über die sogenannte Melone, ein Organ im Kopf, sendet er Schallwellen aus, um sich damit unter Wasser zu orientieren. Treffen diese Schallwellen auf einen Gegenstand, werden sie reflektiert und vom feinen Gehör des Tieres aufgenommen.
Der Kalifornische Schweinswal (Vaquita) im Steckbrief
Name: Vaquita, Kalifornischer Schweinswal
Wissenschaftliche Bezeichnung: Phocoena sinus
Familie: Schweinswale
Überfamilie: Delfinartige
Ordnung: Wale
Verbreitung: Nördlicher Golf von Kalifornien, Mexiko
Farbe: grau, am Rücken dunkler als am Bauch
Alter: circa 20 Jahre
Nahrung: Fische, Tintenfische, Garnelen
Feinde: Haie, größere Wale und Delfine, Robben, Parasiten, Menschen
Gewicht: 45 - 50 Kilo
Größe: circa 1,50 Meter
Lebensraum von Schweinswalen
Schweinswale leben gern in flachen Meeres-Gewässern, an Fluss-Mündungen, in Buchten und Fjorden. Fünf der sieben Schweinswal-Arten kommen nur in den Ozeanen auf der Nordhalbkugel vor.
Der Gewöhnliche Schweinswal lebt an der Pazifik- und Atlantik-Küste Nordamerikas, entlang der Beringstraße bis hinunter nach Japan, rund um Island, an der Atlantik-Küste Europas mit Nord- und Ostsee und entlang der Atlantik-Küste Nordafrikas bis auf Höhe des Äquators.
Der Kalifornische Schweinswal (Vaquita) ist nur im Golf von Kalifornien an der Grenze der USA zu Mexiko zu Hause.
Glatt-Schweinswale leben an den Küsten des Indischen und Pazifischen Ozeans vom Persischen Golf bis nach Japan. Selbst im Fluss Jangtse in China wurden Glatt-Schweinswale gesichtet.
Nur zwei der sieben Schweinswal-Arten sind auf der Südhalbkugel zu finden: Der Burmeister-Schweinswal entlang der Küstengewässer Südamerikas von Peru über Feuerland bis Brasilien und der Brillen-Schweinswal rund um den Südpol.
Verbreitung in Deutschland: Schweinswale in der Nord- und Ostsee
Um Wale in freier Natur zu sehen, musst du nicht bis nach Kanada oder Peru fliegen. Mit dem Gewöhnlichen Schweinswal gibt es nämlich eine Wal-Art, die auch bei uns heimisch ist.
Vertreter dieser relativ kleinen und scheuen Wal-Art sind vor der Halbinsel Darß, in der Kieler Bucht, vor Sylt, Amrum und Fehmarn gesichtet worden.
An einigen dieser Orte finden in den Sommer-Monaten Bootstouren statt, bei denen man den kleinen Tümmlern begegnen kann. Weil sie aber nur kurz zum Atmen auftauchen, nicht springen und auch ihre Schwanzflosse nicht heben, ist das Whale Watching hierzulande nicht ganz so spektakulär wie an anderen Orten der Welt.
Gefahren und Bedrohungen für den Schweinswal
🤲 Schweinswale stehen unter Naturschutz. Walfang ist in Europa verboten. Dennoch sinken vor allem in der Ostsee die Bestände des Gemeinen Schweinswals seit Jahren. Vermutlich leben hier nur noch einige hundert Tiere.
🏖 Jedes Jahr werden hunderte tote Tiere neben Kegel-Robben und Seehunden an die Strände angespült.
🎣 Todesursache ist vor allem die Fischerei: Die Tiere verheddern sich in Treib- und Stell-Netzen, können nicht mehr rechtzeitig zum Atmen auftauchen und ersticken.
🐟 Eine Überfischung der Ostsee beraubt sie außerdem ihrer Nahrungs-Grundlage. Denn vor allem die Bestände von Schwarm-Fischen wie Hering, Sprotte und Makrele sind stark zurückgegangen.
🧪 Auch Schwermetalle oder Pestizide im Wasser machen den Schweinswalen zu schaffen. Die Chemikalien gelangen von Äckern und Industrie-Anlagen über Flüsse ins Meer. Die Ostsee gehört seit Jahren zu den am stärksten verschmutzten Meeren der Welt.
💣 Unterwasser-Sprengungen von Altmunition, der Bau von Offshore-Windkraftanlagen oder die Schifffahrt verursachen zunehmenden Unterwasserlärm. Der Krach stresst die scheuen Meeressäuger, kann ihr Gehör oder innere Organe schädigen und stört ihre Orientierung. Dass Wale aufgrund einer gestörten Echo-Ortung stranden, passiert etwa bei Grindwalen immer wieder.
🇲🇽 Noch schlechter geht es dem Vaquita vor der Küste Mexikos: Laut WWF gibt es derzeit nur noch zehn Tiere.
Schutzbemühungen für den Gewöhnlichen Schweinswal
🤝 Im Februar 2022 wurden durch die EU Kommission elf Fanggebiete in der Ostsee für Stellnetze gesperrt.
🤝 In diesen Zonen darf nur noch dann mit Stellnetzen gefischt werden, wenn hier akustische Abschreckungs-Geräte, sogenannte Pinger, installiert werden. Sie sollen verhindern, dass die Tiere in die Netze hineinschwimmen. Der Nutzen der Pinger ist aber umstritten. Die Wale könnten sich schnell an das Geräusch gewöhnen.
🤝 Bei lärmintensiven Unterwasser-Arbeiten werden sogenannte Blasenschleier eingesetzt, um den entstehenden Schall zu mindern. Dabei werden gezielt große Luftblasen erzeugt, die vom Meeresboden zur Wasseroberfläche aufsteigen und eine Art Schallschutzvorhang bilden.
🤝 Dem Gewöhnlichen Schweinswal würde es aber am meisten helfen, wenn weitere Gebiete zu Ruhezonen deklariert würden. So wie es bereits vor Fehmarn in der westlichen Ostsee oder Borkum in der Nordsee der Fall ist.
So unterscheiden sich Delfine und Schweinswale
Schweinswale sind mit Delfinen verwandt. Kein Wunder also, dass sie sich sehr ähnlich sehen und oft miteinander verwechselt werden. Wer genau hinschaut, erkennt aber die Unterschiede.
Dazu zählen eine unterschiedliche Form von Körper und Schnauze sowie verschiedene Körperlängen. Aber auch ihr Verhalten ist nicht das gleiche. Während Delfine sehr gesellig sind und in Gruppen schwimmen, sind Schweinswale eher scheu und eher Einzelgänger. Zudem springen sie selten aus dem Wasser.
Fortpflanzung: Schweinswale sind keine Fische, sondern Säugetiere
Auch wenn sie im Meer leben – Schweinswale sind Säugetiere. Während der Paarungszeit im Sommer vollführen Weibchen und Männchen ein regelrechtes Liebesspiel. Sie schwimmen dazu direkt unter der Wasseroberfläche senkrecht im Wasser und wiederholen diesen Akt mehrere Male. Nach der Fortpflanzung verlassen die Männchen die Weibchen und ziehen als Einzelgänger weiter.
Die Muttertiere bringen nach einer Tragezeit von zehn bis elf Monaten ein Mal im Jahr ein Kalb zur Welt, Vaquitas (Kalifornische Schweinwale) nur alle zwei Jahre. Das Kalb wird im Wasser mit der Schwanzflosse voran geboren, sodass es währenddessen nicht ertrinken kann. Danach drückt die Mutter ihr Neugeborenes sofort zum Luftholen an die Wasseroberfläche.
Neugeborene Schweinswale werden fast ein Jahr lang mit sehr fettreicher Muttermilch gesäugt, bevor sie ausschließlich feste Nahrung zu sich nehmen. In dieser Zeit kann die Wal-Mutter bereits wieder trächtig werden.
Lebensweise und Verhalten: So ticken Schweinswale
🤓 Schweinswale sind ziemlich schnelle Schwimmer. Dank ihrer breiten Schwanzflosse schafft es der Weißflanken-Schweinswal zum Beispiel auf bis zu 55 km/h, der Gewöhnliche Schweinswal immerhin auf 22 km/h.
🤓 Sie leben zwar bevorzugt in flachen Küsten-Gewässern, können aber auch hervorragend und sehr tief tauchen – bis zu 220 Meter.
🤓 Bis zu sieben Minuten können die Tümmler dabei unter Wasser bleiben. Dann müssen sie kurz auftauchen, um über ihr Blasloch am Kopf frischen Sauerstoff in ihre großen Lungen zu pumpen.
🤓 Spektakuläre Sprünge wie bei Buckelwalen oder Orcas sind dabei nicht zu erwarten, das Auftauchen gleicht oft eher einem Rollen.
🤓 Schweinswale nutzen zur Kommunikation und Orientierung ähnlich wie Fledermäuse ein eingebautes Sonar - also Töne, die als Echo zu ihnen zurückkommen. Menschen können diese Töne im Ultraschall-Bereich übrigens nicht hören.
🤓 Die dabei produzierten Klicklaute sind so individuell, dass Meeres-Biologen mit einem speziellen Unterwasser-Mikrofon die Zahl der in einem Gebiet lebenden Tiere bestimmen können.
🤓 Schweinswale leben in kleinen Gruppen oder allein.
🤓 Sie schlafen nicht wirklich, sondern ruhen stattdessen mehrfach über den Tag verteilt für weniger Sekunden an der Wasseroberfläche.
Nahrung: Wie ernähren sich gewöhnliche Schweinswale?
Schweinswale sind tag- und nachtaktiv und jagen daher rund um die Uhr – und das müssen sie auch. Immerhin benötigen sie zehn Prozent ihres Körpergewichts täglich an Nahrung, Muttertiere sogar noch mehr. Ihr Stoffwechsel läuft nämlich auf Hochtouren.
Bei einem Gewicht von 60 Kilo macht das also satte sechs Kilo jeden Tag. Bleibt das Nahrungs-Angebot aus, können Schweinswale innerhalb von nur einer Woche verhungern.
Auf dem Speiseplan stehen kleinere Fische und Krebse. Mit ihren spatenförmigen Zähnen ergreifen sie die Beute und schlucken sie dann im Ganzen herunter.
Die natürlichen Feinde des Schweinswals
🦈 Schweinswale werden von den deutlich größeren Schwertwalen (Orcas) und Haien gejagt – jedoch nicht in der Nord- und Ostsee.
🐬 Teilweise wurden auch Angriffe von größeren Delfinen beobachtet – vermutlich weil sie um die gleiche Nahrung streiten.
❓ Ob Schweinswale auch von Kegel-Robben attackiert werden, ist noch nicht abschließend geklärt. Kadaver an der Nordsee zeigten Biss-Spuren von Kegel-Robben. Jedoch ist unklar, ob diese die Schweinswale getötet haben oder bereits tote Tiere fressen.
Schweinswale im Zoo: Können die Meeressäuger in Gefangenschaft gehalten werden?
Da Schweinswale verglichen mit anderen Wal-Arten deutlich kleiner sind, haben bereits viele Zoos versucht, sie zu halten - darunter Hagenbecks Tierpark in Hamburg oder der Berliner Zoo. Jedoch starben die Meeressäuger hier oft bereits nach Tagen.
Heute werden Schweinswale daher nur noch vereinzelt in Gefangenschaft gehalten, vornehmlich zu Forschungs-Zwecken: im Dolfinarium in der Nähe von Amsterdam, bei der Sea Mammal Research Company ebenfalls in den Niederlanden und im Fjord & Bælt Center in Dänemark.
So kannst du dem Schweinswal helfen
🐟 Iss weniger Meeresfisch! Wenn Fisch, dann Süßwasserfisch aus nachhaltiger und regionaler Zucht.
🥦 Kaufe möglichst Bio-Lebensmittel! Dadurch wird der Eintrag von Pestiziden und chemischen Düngern ins Meer reduziert.
🦶 Behalte deinen ökologischen Fußabdruck im Auge! Ernährung, Mobilität und Konsum haben Auswirkungen auf das Klima – und damit auch auf die Temperatur und das Nahrungs-Angebot in den Meeren.
💶 Unterstütze Naturschutzorganisationen wie die Whale and Dolphin Conservation (WDC), den Schweinswal e.V. oder Sea Shepherd! Sie klären auf, initiieren Forschung sowie konkrete Projekte und setzen sich für den Schutz der Meere ein.
Häufige Fragen über Schweinswale
In Deutschland findet man den Gewöhnlichen Schweinswal in der Nord- und Ostsee. Hier ist er jedoch stark gefährdet.
Hierzu gibt es verschiedene Erklärungen: Möglicherweise liegt es an der Zunge oder den inneren Organen, die einem Schwein ähnlich sind. Oder Menschen haben die Wale früher wegen ihrer dicken Fettschicht als Nutztiere betrachtet - wie auch Schweine.
Vermutlich leben noch 300 bis 500 Gewöhnliche Schweinswale in der Ostsee.
Laut Weltnaturschutzorganisation IUCN gab es 2017 noch 18 Kalifornische Schweinswale. Sie rechnet mit einem Aussterben dieser Art innerhalb von zehn Jahren. Der WWF spricht noch von zehn Tieren.
Schweinswale gehören zwar biologisch zu den Delfinartigen und sehen ihnen auch etwas ähnlich. Es gibt aber einige Unterschiede, wie zum Beispiel die Form des Kopfes oder der Schnauze. Auch sind Schweinswale eher Einzelgänger und deutlich gemütlichere Tiere als die agilen Delfine.